VLBI zeichnet sich dadurch aus, dass Paare von Radioteleskopen zusammenarbeiten, wobei die Beobachtungen strikt gleichzeitig durchgeführt werden müssen. Dies gilt auch, wenn mehrere Teleskope eingesetzt werden. Das geodätische und astrometrische VLBI zielt auf die Bestimmung (a) der Teleskopkoordinaten und ihrer kinematischen Bewegungen zur Erstellung und Laufendhaltung des terrestrischen Referenzrahmens, (b) der (Winkel-)Parameter der variablen Erdrotation, (c) der Winkelpositionen von galaktischen und extragalaktischen Radioquellen, die himmelsfeste Bezugsrahmen herstellen und aufrechterhalten, und (d) der Positionen von künstlichen Sendern im erdnahen Weltraum. Der Bereich zu (c) wird Astrometrie genannt. Der Ursprung der frühen VLBI-Erfindungen liegt in astronomischen Anwendungen und so liefert die VLBI neben der Geodäsie und Astrometrie auch einen wichtigen Beitrag zur Radioastronomie.
Geodätisches und astrometrisches VLBI macht sich die Tatsache zunutze, dass jeweils zwei Teleskope, die dasselbe Objekt beobachten, dasselbe Strahlungsmuster empfangen sollten, weil es von einer einzigen Quelle ausgeht. Ähnlich wie bei Michelsons Interferometrie-Experiment zeigt die Überlagerung der an beiden Teleskopen empfangenen Strahlung Interferometrie-Muster, so genannte Fringes (Oszillationen von dunkel und hell), während die Erde rotiert. Dies ist natürlich nur möglich, wenn die analogen Signale digitalisiert und auf einem Aufzeichnungsmedium gespeichert und anschließend zu einem zentralen Ort transportiert werden, entweder auf Magnetplatten oder über das Internet. Dort werden die empfangenen Strahlungsmuster in einem Korrelationsprozess zeitlich zueinander verschoben, um ein Korrelationsmaximum zu finden, das anzeigt, dass Identität gefunden wird. Dies allein würde noch nicht zu dem Ziel führen, eine Beobachtungsgröße zu bestimmen. Deshalb werden in den Kontrollräumen der beiden Radioteleskope bei der Aufzeichnung der Strahlungsmuster diese mit genauen Ortszeitstempeln versehen. Für das Korrelationsmaximum ergibt die Differenz dieser Zeitstempel die Differenz der Ankunftszeiten des Strahlungsmusters an den beiden Teleskopen. Diese Differenz ist die primäre Beobachtungsgröße des geodätischen und astrometrischen VLBI. Aufgrund der Erdrotation und der sich ständig ändernden Geometrie der Radioquelle und der beiden Teleskope ändert sich die Verzögerung ständig und benötigt daher eine genaue Zeitreferenz.
Die Durchführung einer Serie von bis zu einminütigen gleichzeitigen Beobachtungen von 50 - 100 Radioquellen durch ein Netzwerk von mehreren Teleskopen im Laufe von mehreren Stunden (meist 1 h oder 24 h) bildet den Rahmen einer einzelnen VLBI Messung, die oft als Beobachtungssitzung bezeichnet wird. Wenn mehrere Teleskope dieselbe Quelle verfolgen, spricht man von einem Scan, während jeweils zwei Teleskope, die eine Basislinie bilden, eine einzelne Beobachtung erzeugen. Da die oft mehrere tausend Kilometer voneinander entfernten Radioteleskope unabhängig und manchmal sogar automatisch arbeiten, wird vor der Messung ein detaillierter Plan des Beobachtungsablaufs mit Beobachtungsreihenfolge, der sog. Beobachtungszeitplan, ausgearbeitet und verteilt. Die Erstellung dieser Pläne erfordert große Sorgfalt, da die Variationen in der Beobachtungsgeometrie durch die Beobachtung verschiedener Himmelsregionen für die besten Ergebnisse optimiert werden.
Nach der Korrelation und der so genannten Streifenanpassung, bei der die endgültigen Verzögerungswerte bestimmt werden, erfolgt die geodätische Datenanalyse mit Ausgleichungsprogrammen. Dabei werden die geodätischen und astrometrischen Parameter von Interesse (Teleskopkoordinaten, Erdorientierungsparameter und Radioquellenpositionen) aus einer großen Anzahl von Beobachtungen berechnet. Zu diesem Zweck werden alle bekannten geophysikalischen Effekte, die auf die Teleskope und die Strahlung auf ihrem Weg zur Erde so genau wie möglich modelliert. Das Funktionsmodell des geodätischen und astrometrischen VLBI macht sich die Tatsache zunutze, dass extra-galaktische Radioquellen fast unendlich weit entfernt sind, so dass ihre Strahlung als ebene Wellenfront auf der Erde ankommt. Dies erleichtert viele notwendige Berechnungen und Annahmen. Die Gewinnung von Radioteleskopkoordinaten mit der derzeitigen Genauigkeit von wenigen Millimetern wurde nur durch die jahrzehntelange Forschung auf dem Gebiet der VLBI-Technologie ermöglicht.